GEWINNUNG UND BINDUNG VON AUSZUBILDENDEN

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Wenn Handwerksunternehmen im Jahr 2024 über die Suche nach passenden Auszubildenden sprechen, ist häufig von der Nadel im Heuhaufen die Rede, gefolgt von der Feststellung, dass die infrage kommenden Kandidaten der so genannten Generation Z angehören – was die Sache offenbar zusätzlich erschwert.

27. August 2024 / Lesedauer: 12 Minuten
Auszubildende geht mit Klassenkameraden zur Berufsschule.
Die Generation Z hat hohe Ansprüche an den Ausbildungsbetrieb, das Berufsbildungspersonal und die Qualität der Ausbildung.
© iStock

Auszubildende gewinnen und führen ist ein zentrales Zukunftsthema. Das galt schon immer, es war aber noch nie so schwer, der Herausforderung gerecht zu werden. Da ist etwa der demografische Wandel, der Jahr für Jahr weniger Schulabgänger mit sich bringt. Verschärfend kommt hinzu, dass die berufliche Ausbildung gegenüber dem Studium kontinuierlich an Bedeutung verliert. Kamen im Jahr 1950 auf 10 Studierende statistisch 75,5 Azubis, waren es 2021 nur noch 4,3. Außerdem haben es Ausbildungsbetriebe aktuell mit der viel gescholtenen Generation Z zu tun, also den zwischen 1997 und 2010 Geborenen. Viel gescholten deshalb, weil für diese Generation Parolen wie „Arbeit ist das halbe Leben“ vermeintlich keine Gültigkeit mehr besitzen. Laut einer repräsentativen Umfrage der Wirtschaftsjunioren Deutschland (WJD) sind zwar für 81 Prozent der jungen Befragten im Alter von 15 bis 25 Jahren gute Verdienstmöglichkeiten am wichtigsten. An zweiter Stelle folgt aber bereits die Aussicht auf eine gute Work-Life-Balance, die 74 Prozent der Befragten sehr wichtig oder wichtig ist. Die Erwartungshaltungen an den Ausbildungsbetrieb, das Berufsbildungspersonal und die Qualität der Berufsausbildung sind darüber hinaus hoch.

Was also tun? Zunächst ist festzuhalten, dass das Elektrohandwerk verglichen mit anderen Branchen relativ gut dasteht. So traten 2022 in Deutschland rund 15.500 junge Menschen eine elektrotechnische Ausbildung an – ein Plus von 2,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr und mehr als im Vor-Corona-Jahr 2019. Diese erfreuliche Entwicklung ist vor dem Hintergrund des sich verschärfenden Fachkräftemangels jedoch kein Grund zur Entwarnung und so stellen sich auch für Elektrohandwerksbetriebe zwei zentrale Zukunftsfragen:

WIE BEKOMME ICH AUSZUBILDENDE
UND WIE BINDE ICH MEINE AZUBIS ANS UNTERNEHMEN?

 

Sucht man nach Antworten, fällt auf, dass die Lösungsansätze meist die Lebensgewohnheiten der Generation Z reflektieren – Stichwort Social Media. Um junge Menschen zu erreichen und ihr Interesse für eine duale Ausbildung zu wecken, müssen Ausbildungsbetriebe aktiv auf die Jugendlichen zugehen und auch online präsent sein. Die Nutzung digitaler Plattformen wie TikTok, Instagram oder YouTube kann dabei hilfreich sein. Hier können Einblicke in den Alltag als Azubi im Handwerk gegeben, und spannende Projekte vorgestellt, der Teamgeist gezeigt und die Vielfalt der Tätigkeiten herausgestellt werden. Immerhin sagen 13 Prozent der jungen Menschen, dass Social Media ihre Berufswahl beeinflusst hat, und fast ein Viertel sucht über diesen Weg aktiv nach Infos rund um die Ausbildung.

Ein Erfolgsbeispiel ist „E-Zubis“ (www.e-zubis.de), die 2003 gestartete Nachwuchskampagne der Elektrohandwerke für rund 20.000 Elektro-Innungsfachbetriebe in Deutschland. Der zugehörige YouTube-Kanal verzeichnet seit seinem Bestehen mehr als 600.000 Videoausspielungen. Innungsmitglieder der Elektrohandwerke können von dieser Popularität profitieren und z. B. offene Stellen in die Ausbildungsplatzbörse eintragen. Ein überlegenswertes Angebot, denn für viele kleine und mittlere Unternehmen ist es eine Herausforderung, überhaupt die sozialen Kanäle zu bespielen und Aufmerksamkeit für die eigene Marke und die Ausbildung im Betrieb zu schaffen.

Ausbilder erklärt Auszubildenden eine Aufgabe.
Auszubildende erwarten heute Führung auf Augenhöhe.
© iStock

Letztlich ist der Ausbau der digitalen Präsenz aber nur einer von vielen Bausteinen bei der Azubi-Gewinnung. Es gibt zahlreiche weitere Maßnahmen, aus denen sich ein Betrieb eine individuelle Nachwuchsstrategie zusammenstellen kann, beispielsweise

  • Intensivierung von Schulpartnerschaften
    Praktika, Infoveranstaltungen oder Workshops helfen dabei, Schülern frühzeitig Einblicke in das Handwerk zu geben.
  • Azubi-Botschafter einsetzen
    Authentische Einblicke von Gleichaltrigen haben einen großen Einfluss auf potenzielle Bewerber.
  • Innovative Rekrutierungsideen
    Bei unkonventionellen Veranstaltungen wie z.B. „Handwerks-Challenges“ oder „Azubi-Speed-Dating“ können Teilnehmer praktische Fähigkeiten zeigen und gleichzeitig ihren potenziellen Arbeitgeber kennenlernen.
  • Kooperationen mit Influencern
    Durch die Zusammenarbeit mit Heimwerker-YouTubern oder Instagram-Influencern können Betriebe von deren Reichweite profitieren.
  • Schulungen für Lehrer und Berufsberater
    Wer besser über Chancen und Perspektiven im Handwerk informiert ist, kann Schüler besser beraten und überzeugen.
  • Wettbewerbe für Schüler
    Originelle, kreative Wettbewerbe können das Interesse am Handwerk wecken und helfen, Talente zu identifizieren.
  • Betriebliche Schnuppertage
    Praktische Erfahrungen können oft mehr überzeugen als theoretische Informationen.
  • Personalisierte Ansprache
    Gezielte Anzeigen auf Social-Media-Plattformen oder die direkte Kontaktaufnahme mit Schülern erhöht die Erfolgsaussichten.
  • Ausbildungsplatz-Patenschaften
    Persönliche Betreuung kann dazu beitragen, dass sich Bewerber für eine Ausbildung im Handwerk entscheiden.
Auszubildende machen als Teamevent einen Kanuausflug.
Teamevents stärken die Bindung an den Ausbildungsbetrieb und fördern die Identifikation mit der Unternehmenskultur.
© iStock

Wer Jugendliche von sich überzeugt hat und sie als Azubis für den eigenen Betrieb gewinnen konnte, sollte umgehend in bindungsfördernde Maßnahmen investieren. Zum einen lassen sich damit Ausbildungsabbrüche verhindern, zum anderen gut ausgebildete Arbeitskräfte nach der Ausbildung im Unternehmen halten. Im Kern geht es darum, ein attraktives und unterstützendes Umfeld für die Auszubildenden zu schaffen. Dazu gehören eine angemessene Vergütung, gute Arbeitsbedingungen, modernes Equipment und klare Perspektiven für die berufliche Entwicklung.

Wenn Auszubildende außerdem von Anfang an aktiv in betriebliche Abläufe eingebunden werden, fühlen sie sich als Teil des Teams und entwickeln ein stärkeres Zugehörigkeitsgefühl. Als Zeichen der Wertschätzung können Verantwortung und Entscheidungsfreiheit auf die Azubis übertragen werden, beispielsweise im Rahmen kleinerer Projekte, die von den Auszubildenden in Eigenregie geplant, kalkuliert und umgesetzt werden. Weitere wichtige Bindungsfaktoren sind regelmäßige Feedbackgespräche, Weiterbildungs- und Entwicklungsmöglichkeiten – eventuell in Kombination mit Auslandsaufenthalten – und attraktive Zusatzleistungen. Das können betriebliche Sozialleistungen sein, aber auch ein Smartphone, die gesponserte Mitgliedschaft im Fitnessstudio oder ein Zuschuss zum Führerschein. Originelle Firmenevents wie ein gemeinsamer Kochabend oder ein Kickerturnier stärken den Teamspirit. Ein Betriebsausflug kann die Identifikation mit dem Betrieb ebenfalls steigern, z.B. wenn er den Besuch bei einem Hersteller mit Elementen wie einer Rafting-Tour oder einem Persönlichkeitstraining verbindet.

Zum Schluss noch ein wichtiger Tipp: Schnelligkeit ist gefragt! Fast die Hälfte aller Auszubildenden benötigt weniger als vier Wochen von der Bewerbung bis zur Zusage. Ein durchdachter, flüssiger und schneller Bewerbungsprozess ist daher der Schlüssel zum Erfolg – denn die Konkurrenz zögert nicht. Wer Bewerber lange warten lässt, geht schnell leer aus. 

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